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Froschsterben durch Klimawandel ?

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  • Froschsterben durch Klimawandel ?

    Hallo aus Paraguay,
    Vorab muss ich klarstellen, das ich vom Klimawandel ueberzeugt bin ohne aber mich zu den Hysterikern zaehlen zu wollen.
    Beim Lesen bitte nicht die Geduld verlieren, ich muss ziemlich weit hinten beginnen.
    Ich lebe seit 23 Jahren in Paraguay und mache mit wachsendem Unbehagen einige seltsame Beobachtungen. Die Augenfaelligste:
    Als ich hier ankam bluehte der Lapacho (Tabebuia impeteginosa) um meinen Geburtstag herum, also mitte Oktober. Die Landbevoelkerung verzeichnete die Lapachobluete immer mit Erleichterung weil die Regel war, das damit die Frostgefahr vorbei ist. Ueber die Jahre Beobachtete ich, dass die Bluete immer eher begann. Dieses Jahr (das ist bislang das absolute extrem) sah ich die ersten bluehenden Baume am 10 Juni. Ausserdem habe ich in den letzten Jahren anomalien gesehen bei denen (Lapacho blueht normalerweise kahl) Baume mehrfach bluehten, wo neubelaubte oder Fruchttragende Baume ploetzlich wieder voll in Bluete stehen.
    Die Regel mit der Kaelte ist laengst ad absurdum und ich fragte mich was den Baumen die Stationen verwaessert hat.
    Vor kurzem las ich nun das Buch eines Englaenders der ende November 1852 mit dem Pferd von Sueden kommend die Hauptsatdt Asuncion erreichte. Voller Begeisterung beschreibt er die nie gesehene Pracht der bluehenden Lapachbaume !!!
    Das war der endgueltige Anstoss mich naeher mit dem Thema zu befassen.
    Da ich an den Temperaturen, zumindest gefuehlsmaessig, keine nennenswerte Aenderung feststellen kann ist naheliegend, das es der Regen sein koennte. Das hatte ich schon rein aus der Erinnerung festgestellt. Da ich im Internet einfach keine nutzbaren historischen Daten fuer den Norden Paraguays finden konnte, ging ich letzte Woche zur Meteo-station auf dem Militaerflughafen hier in Concepcion. Mit ein paar Fischfilets aus der Produktion meiner Farm konnte ich den Meterologen ueberzeugen mir die Daten der letzten 5 Jahre per Hand zu kopieren. Gestern habe ich die Kopien abgeholt und ihn ueberzeugt dasselbe naechste Woche mit den Daten bis zurueck nach 1990 zu tun. Eigentlich sollte ich mit meiner Hypothese bis dahin warten aber ich meine schon jetzt etwas gravierendes gefunden zu haben und mag deshalb nicht Geduldig sein.
    Trotzdem die Biotope auf meiner Farm jedes Jahr reliefreicher werden (ich begann 1995 auf 20 ha ohne Baum und Strauch noch Wasser) verschwinden mir in den letzten Jahren einige meiner besonderen Froschlieblinge. Betroffen sind z.B.Physalaemus nattereri, Dermatonotus muelleri (die ich mit Muehe aber Erfolg aktiv angesiedelt habe), Phyllomedusa sauvagii (komplett verschwunden), Phyllomedusa azurea (kaum noch auffindbar) und andere.
    Hier meine kleine Froschgalerie.
    https://plus.google.com/photos/10577...913?banner=pwa
    Arten wie Pseudus platensis und andere die mit Dauergewaessern als Laichplaetze zufrieden sind, sind nicht betroffen.
    Der Gedanke war also sich anzuschauen was mit den Starkregen (100 mm und mehr) passiert ist, die die betroffenen Arten bekanntermassen zur Vermehrung brauchen.
    Das haette ich im Grunde auch aus dem Gedaechtnis beantworten koennen, da dies aber bekanntlich nicht allzu zuverlaessig ist dann eben doch besser Statistik. Bis ca zur Jahrtausendwende erinnere ich mich, dass wir generell um die Weihnachtsfeiertage und Jahreswechsel gewaltige Regen hatten. Das ist um die heisseste Zeit im Jahr und somit genau die Saison wenn die fuer die genannten Arten notwendigen Temperaturen fuer Paarung und Nachwuchsentwicklung herrschen. Ein Blick in die Statistik der letzten 6 Jahre (siehe unten) zeigt, dass der letzte wirklich fortpflanzungstaugliche Regen im Dezember 2011 stattfand !!!
    Die >100 mm in den folgenden Jahren waren immer zu zeitig oder zu spaet (Frueh-Frueling einmal und dann immer Herbst) und selbst beim 2011-er bin ich unsicher ob das nicht eine Todesfalle fuer den Nachwuchs war denn die Trockenheit vorher war extrem, der Regenfall kurz, brutal und somit "run-off". Aber das geht eventuell zu weit.
    Die Frage ist ob der Trend anhaelt und wieviele Jahre die durch Abholzung, Pfluegen und contaminierung gestressten und dezimierten Populationen im Standby ueberleben koennen.


    Zur Tabelle: Die 100 bedeutet "Regen von 100mm oder mehr", die 1 zeigt an in welchem Monat er stattgefunden hat. Die Jahre bis 1990 lege ich nach sobald ich sie habe.

    2009 100 2010 100 2011 100 2012 100 2013 100 2014 100

    Januar 246,1 1 192,5 1 120,6 150,3 71,9 192,1
    Februar 133,2 187,5 1 247,7 217,3 109,7 65,7
    Maerz 51,3 207,2 1 166,5 282,3 1 163,7 145,6
    April 3,2 37,7 74,5 201,5 345,6 1 342 1
    Mai 148,5 135 59 26,2 143,3 99,3
    Juni 47,2 12 39 94 177,9 292,4
    Juli 80,8 48,1 69 59,8 6,7
    August 14,6 0,8 31,3 4,4 7,9
    September 73,7 121,4 76,8 13,3 27,7
    Oktober 138,9 162,4 101,1 161,8 1 216
    November 80,3 180,2 195,1 189,9 132,9
    Dezember 267,3 148,2 360,7 1 81,3 90,9

    Total 1285,1 1433 1541,3 1482,1 1494,2 1137,1

    Schade, in der Vorschau ist die Tabelle Ok aber im Forum kommt dann nur ein Matsch. Da man da nichts sehen kann merke ich also noch einmal an, das der letzte Starkregen im Sommer im Dezember 2011 stattfand. Danach kamen nur Oktober, Maerz und in zwei Jahren April.

    Wuerde mich freuen wenn sich jemand fuer ein Thema das ein wenig abseits vom Wohnzimmerterrarium liegt interessiert.
    Gruesse aus Py
    DePe
    Zuletzt geändert von dirk-peter; 13.07.2014, 17:38. Grund: Tabelle kaputt

  • #2
    Hallo Dirk-Peter,

    da ich mich sehr stark für Phyllomedusa sauvagii interessierte (und auch für P. azurea) finde ich die Informationen sehr spannend. Vielen Dank für Deine Gedanken dazu und das Teilen der Wetterdaten!!

    Ich hoffe das weicht jetzt nicht zu sehr vom eigentlichen Thema ab:
    Interessant finde ich den Hinweis, dass sich P. sauvagii zu heißesten Zeit des Jahres vermehrt. Ein Bekannter von mir zieht sie schon seit mehreren Jahre nach und meinte, er würde sie am Ende der Winterperiode nachziehen und kalt beregnen. Ich selber habe sie vor kurzem (Anfang Juli) das erste mal vermehrt und hatte nach der Überwinterung die Temperaturen erst etwas erhöht - aber nicht auf Sommer-Maximaltemperaturen -, die Tiere kräftig gefüttert und dann beregnet. Worauf beide Weibchen welche ich ins Regenbecken gesetzt habe abgelaicht haben.

    Kommt oder kam bei Dir in der Gegend auch Ceratophrys vor? - Ist der Kururuchini in Deiner Galerie ein Ceratophrys (cranwelli)?

    viele Grüße
    Martin
    Zuletzt geändert von Martin H.; 13.07.2014, 20:45.

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    • #3
      Hallo,
      Nein, weicht gar nicht ab. Die Makis sind meine eigentlichen Sorgenkinder und deren Verschwiden hat mich erst auf diesen Trip gebracht.
      Das klaegliche gejammer von azurea hoerten wir oft ueber laengere Zeitraume, waehrend sich Sauvagii wirklich auf die ganz grossen Regen beschraenkt. Wenn bei letzteren ueberhaupt temperatur eine Rolle spielt, dann waere es, dass sie niedrige temperaturen im Fruehling tolerieren. Groese Regen bei sinkenden Temperaturen im Herbst werden ignoriert, dann sind sie einfach nicht mehr da.
      Das wuerde mir insofern Sinn machen, dass grosse Regen bei rel. geringen Temps. im Fruehling die besten chancen haben nicht zu schnell zu verdunsten. Brauch ich nicht erklaeren wobei das hilft.
      Die Ceratophrys kommen nr im Chaco vor, ca 200 km von mir.
      Gruesse
      DePe

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      • #4
        Hallo DePe,

        wie verhält sich das denn mit diesen Starkregen und dem Wetter davor/während/danach? Du schreibst, dass sie in der heißesten Zeit des Jahres (Weihnachtsfeiertage / Jahreswechsel) stattfinden. Kommen die Starkregen plötzlich, oder erst mal leichtere Regen (über welchen Zeitraum?) bevor es heftig regnet? Ist es nur Regen oder ein Gewitter mit Blitzen? Wie lange regenet es dann für gewöhnlich? Ein paar Stunden oder mehrere Tage am Stück? Ist es Tage vorher schon bewölkt und damit dunkler? Wie verhält sich die Temperatur? Sinkt sie durch den Regen deutlich, wenn ja wie viel Grad ca.? Fällt sie evtl. schon ein paar Tage vorher? Wie kalt ist das Regenwasser? Reißt danach der Himmel auf und es wird feucht heiß oder bleibt es erst mal bewölkt? Wie verhält sich die Temperatur nach dem Regen, steigt sie recht schnell wieder an (sofern sie vorher gesunken ist)? Hast Du beobachtet, wann die P. sauvagii nach den Starkregen laichen. In Regenpausen, sofort nachdem der Regen aufgehört hat oder erst ein paar Tage später?

        Sorry für die vielen Fragen, ich versuche gerade mögliche Auslöser für das Ablaichen von P. sauvagii herauszufiltern. Ich hab da ein paar Ideen, die hab ich versucht im Terrarium nachzustellen – hat bei zwei Pärchen Anfang Juli auch zum Erfolg geführt. Ich möchte daher abgleichen ob es Zufall war, oder ob ähnliche Faktoren in der Natur ebenfalls der Auslöser sind.

        Es gibt da einen interessanten Artikel zum Brutverhalten von P. sauvagii u.a. an dem habe ich versucht mich zu orientieren: "Breeding biology of Phyllomedusa azurea Cope, 1862 and P. sauvagii Boulenger, 1882 (Anura) from the Cerrado, Central Brazil" von Domingos et al.. Dieser fasst die Brutstrategie von P. sauvagii wie folgt zusammen:
        "... Phyllomedusa sauvagii exhibited characteristics of an explosive (e.g. concentration of male vocalizing after heavy rainfall) and prolonged breeder (e.g. more than 6 months reproductive period). ..."

        => mehrere Tage heftiger Regen sollen m.E. der Brutauslöser sein (nach einer entsprechenden Vorbereitung/Überwinteurng). Das würde dann ja auch mit Deinen Beobachtungen übereinstimmen.

        Viele Grüße
        Martin

        PS.: Da ich gerade einen Festplattencrash habe, hab ich momentan keinen Zugriff auf den Artikel. Sobald mein Rechner aus der Reparatur ist, kann ich Dir den Artikel bei Interesse gerne mailen.

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        • #5
          Hallo,
          Fast alle Antworten stehen in der Tabelle. Ich habe auch min und max-temps dieser 6 Jahre, waas die meisten Fragen beantwortet. Bleibt mir also nix anderes als die Daten zu digitalisieren. Gib mir ein paar Tage. Meine Bezahlung erfolgt in Koestritzer Schwarzbier

          Gruesse aus Py
          DePe

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          • #6
            Hallo,
            Hat die Liste einige Fragen beantwortet ?
            Welche nicht ?
            Gruesse aus Py
            DePe

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            • #7
              Lieber Dirk-Peter

              Erstmals schöne Grüsse nach Paraguay - ich bin heimlicher Paraguay-Fan, den ich spiele schon viele Jahre südamerikanische Harfe und auch Lieder aus Paraguay.

              Was die Populationsschwankungen bei Tieren, insbesondere bei den Fröschen betrifft, so ist eine Interpretation schwierig. Ich kann nur auf europäische Studien verweisen, wo an mehrern Standorten teilweise über 25 Jahre und länger die Populationen gezählt wurden. Heraus kam ein Schema das zeigt, dass Populationen niemals konstant sind. Es geht hinauf, dann wieder hinab und wieder hinauf - linear dargestellt ergibt sich eine Wellenlinie. Diese Wellenlinie zeigte übrigens in den österreichsichen Alpen eine gewisse Regularität - wenn ich mich richtig erinnere war im im Durschnitt alle 7 Jahr ein Tiefpunkt.

              Da Amphibien recht langlebig sind, mag es genügen wenn in einem von 10 Jahren die Fortpflanzungsbedingungen optimal sind - dann sind die Bestände fast schlagartig wieder verbessert. Voraussetzung ist natürlich, dass das Habitat noch genügend einladend vorhanden ist. Ist der optimale Lebensraum zerstört, ist es natürlich vorbei. Ich glaube nicht, dass die Klimaveränderung bei Euch bereits derartige Auswirkungen haben kann, dass alle diese Frösche ausgestorben sind. Sollten sie wirklich am verschwinden sein, ist eher der weltweit so schlimme Chitrid-Pilz schuld.

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              • #8
                Es gibt doch wirklich nichts was es nicht gibt. Ein Reptilienfan der Harfe spielt, ich fasses nicht. Meine favoriten bei der Harferei sind natuerlich "Guyra Campana" und "Tren Lechero" von Felix Perez Cardozo. Vor kurzem hat Py einen Guiness Record mit 420 Harfen die knapp 7 minuten lang gespielt haben, aufgestellt.
                http://www.abc.com.py/edicion-impres...ca-632854.html
                Bueno, zu den Froeschen.
                Das Populationen alles andere als stabil sind ist mir absolut klar.Ich vertrete sogar seit langem die Auffassung, dass in Terrarien immer die optimalen Bedingungen nachgestellt werden, waehrendt fuer die meisten Species an den meisten Stellen ihres Vorkommens eher "subtimale" (neudeutsch Grenzwertige) Bedingungen herrschen.
                Schwere Bedenken bekomme ich aber ob eine erfolgreiche Vermehrung in einem Jahrzehnt als ausreichend fuer die Arterhaltung angesehen werden kann. Ich wuerde das eher so interpretieren, dass 9 Jahre lang alles "mal eben so" abgeht und im zehnten Jahr passt alles und es gibt einen Boom der die Individuenzahl in den tiefgruenen Bereich bringt.
                Konkret:
                Ihr koennt in Mitteleuropa davon ausgehen, dass es im Fruehling warm wird und das dazu viel Wasser von Regen und Scheeschmelze da ist. Verschiebung im Temperaturregime wuerden warscheinlich leicht hingenommen. Man laicht dann halt etwas frueher oder spaeter. Aber was geschaehe bei drei Schneelosen Wintern und regenlosen Fruehlingen ?
                Bueno, genau das geschieht derzeit hier. Die grossen Regen im Fruehling und Fruehsommer verschwinden und die direkten Auswirkungen auf die Froesche kann ich schon nach drei Jahren deutlich sehen.
                Falls gewuenscht kann ich die Regentabelle in lesbarer Form schicken. Nur hier im Forum geht das irgendwie nicht.
                Gruesse aus Py
                DePe

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                • #9
                  Also wenn ich richtig verstehe, wohnst Du bei Concepcion - das gehört wohl zu Klimazone des Chaco. Das Klima im Chaco war ja schon immer ziemlich harsch und unberechenbar, wie
                  Du schriebst geht es wohl von Frost bis 40 Grad - wahrscheinlich ist die Natur doch ziemlich darauf eingestellt. Ich war mal im bolivianischen Chaco bei Santa Cruz und ich erinnere mich
                  an einem Nachmittag, da hatten wir um 14.00 Uhr noch 30 Grad und dann kam der "Surazo", der Südwind und 2 Stunden später hatten wir noch knapp 10 Grad - habe mich furchtbar erkältet, solche Temperaturstürze sind brutal und typisch im Chaco.

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                  • #10
                    Hallo,
                    Nein, das funktioniert nicht. Trotz der extremen geografischen Naehe geht es da um zwei ganz verschiedene Biotope und Klimagebiete.
                    Man braucht nur den Rio Py von Ost nach West ueberschreiten und ist sofort in einem fundamental anderem Biotop. Das hat geologische Gruende. Meterologisch ist das kaum weniger Drastisch. Von Asuncion aus gesehen richtung Nord-West nimmt die Regenmenge alle 100 km um 100 mm ab und das bei steigenden Temperaturen !
                    Mit Ostparaguay ist das wirklich nicht zu vergleichen.
                    Gruesse aus Py
                    DePe

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